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Februar 2008
26.02.2008 Hochgekocht und abgekühlt
19.02.2008 Moschee im Rohbau fast fertig
16.02.2008 Bürgerinitiative in Pankow-Heinersdorf will weitermachen/Richtfest für Neubau im März
13.02.2008 Gebete für gute Nachbarschaft
Info-Radio, 26.02.2008
Hochgekocht und abgekühlt
Der Moscheebau in Pankow-Heinersdorf
Auf der Baustelle ist das Ende schon in Sicht. Auf dem knapp 5.000 Quadratmeter großen Gelände in der Tiniusstraße in Pankow-Heinersdorf sind sowohl Moschee als auch Gemeindehaus schon ziemlich fortgeschritten. Das fast fertige Minarett überragt die Gebäude.
Mustafa Bauch überwacht die Bauarbeiten für die Ahmadiyya-Gemeinde. Seit acht Jahren ist der Konvertit dort Mitglied:
"Die Bauarbeiten sind so, dass das Gemeindehaus im Rohbau komplett fertig ist. Jetzt kommt der Innenausbau, da hat es schon Fenster drin. Bei der Moschee sieht es so aus, dass die Decke gestern geschüttet wurde, dass die Kuppel hält als letzte Sache. Dann ist nur noch die Kuppel aufzusetzen und das Minarett zu vervollständigen."
Die Zeit drängt - denn Ende August soll das 1,7 Millionen Euro teure Gebetshaus bereits eingeweiht werden. Einer, dem das ein Dorn im Auge ist, ist Joachim Swietlik. Er ist der Vorsitzende der Interessengemeinschaft Pankow-Heinersdorfer Bürger - kurz Iphab genannt. Seit zwei Jahren kämpft die Initiative gegen den Moschee-Bau:
"Wir sind gegen das Projekt, weil wir die Frage stellen: Warum baut man eine Moschee in einem Stadtteil, wo nicht ein einziger der betreffenden Glaubensgemeinschaft wohnt. Pankow ist der bevölkerungsreichste Bezirk in Berlin - 350.000 Einwohner - und unseres Wissens nach wohnt da kein Ammadya-Muslim."
Zudem verfolge die Ahmadiyya-Gemeinde bestimmte ideologische Ziele - Joachim Swietlik:
"In ihren Schriften wird synchron mit vielen anderen islamischen Gemeinschaften davon gesprochen, eine Umgestaltung unserer Gesellschaft durchzuführen in ihrem Sinne."
Über 20.000 Unterschriften hat die Bürgerinitiative gegen den Bau gesammelt. Auch wenn bald die Moschee eröffnet wird, habe sich ihr Engagement trotzdem gelohnt - sagt Joachim Switliek:
"Erreicht haben wir schon was. Wir haben unser Primärziel, die Verhinderung des Baus der Moschee, haben wir nicht erreicht. Aber wir haben es geschafft, dass die Gesellschaft sich in gewisser Weise auseinandersetzt mit dem Thema."
Auseinandergesetzt haben sich auch die Mitglieder der Aymaddhia-Gemeinde mit den Moschee-Gegnern. Insgesamt sechs Mal kam es zu einem Treffen. Geändert hat das wenig an den Protesten, von denen die Muslime anfangs kalt erwischt wurden. Das berichtet Mustafa Bauch:
"Wir haben wirklich daran gar keinen Gedanken verschwendet. Wir waren so glücklich darüber, ein Grundstück zu haben. Wo es dann war, war nicht wo wichtig - Hauptsache man kommt mit öffentlichen Verkehrsmitteln hin. Es ist schön, es ist groß - das waren für uns einfach die entscheidenden Kriterien. Und da sind wir etwas blauäugig da rein gegangen."
Aber inzwischen haben sie dazu gelernt. Nach der Moschee-Eröffnung wollen sie die Heinersdorfer einladen - und ihnen beweisen, dass ihre Befürchtungen unbegründet sind - Mustafa Bauch:
"Die einzelnen Bürger, die davon betroffen sind, mit denen heißt es zu sprechen, zu erklären was wir hier machen. Dass wir hier nix böses wollen, dass wir hier keinen Lärm machen, keine Menschenansammlungen haben. Dann wird sich die Sache in kürzester Zeit legen, nehme ich mal an."
Daran glauben die Mitglieder der ihpab-Bürgerinitiative aber nicht. Deshalb wollen sie weiterhin jede Möglichkeit nutzen, um ihren Protest fortzusetzen. Ein Beitrag von Eva Beisiegel.
Berliner Morgenpost, 191.02.2008
Moschee im Rohbau fast fertig
Bauarbeiten gehen ungestört voran - Eröffnung für August geplant
Von Sabine Flatau
Imam Abdul Basit Tariq vor dem Rohbau der Moschee
Foto: ddp
Der Rohbau der ersten Moschee im Osten Berlins ist fast fertig. Unbehelligt von Demonstrationen oder gar Übergriffen gegen das Projekt gehen die Arbeiten an der Tiniusstraße 5 in Heinersdorf voran. "Die Schlösser am Tor waren kürzlich verklebt worden, aber das ist auch schon alles", sagt der stellvertretende Bauleiter Mustafa Bauch. Das sei auch der Kooperation mit der Polizei zu danken, deren Beamte häufig vorbeischauen. Im November 2007 wurde diese Vereinbarung abgeschlossen.
In der vergangenen Woche gossen Arbeiter die obere Decke des Hauses mit 34 Kubikmeter Beton. Im März wird aus zwölf Teilen die Kuppel aufgesetzt. Sie wird 4, 5 Meter hoch sein und einen Durchmesser von neun Metern haben. Auch das Minarett ist schon sichtbar, das mehr als zwölf Meter hoch sein wird. Doch kein Muezzin wird seine Rufe über Heinersdorf erschallen lassen und lautstark zum Gebet rufen. Denn die Gemeinde will die Nachbarn nicht stören.
1,6 Millionen Euro kostet der Neubau an der Tiniusstraße. Das Geld kommt aus Spenden. Ende August, noch vor Beginn des Ramadan, werde die feierliche Eröffnung der Moschee sein, sagt Mustafa Bauch. Der Berliner hat lange in Marokko, Algerien und Tunesien gelebt, ist vor 15 Jahren Moslem geworden und gehört der Gemeinde seit acht Jahren an.
Zwei Gebetsräume bekommt die Moschee, je 170 Quadratmeter groß und mit kostbaren Teppichen ausgelegt. Die Frauen beten im oberen Stockwerk, die Männer unten. Der Bau in Pankow ist nach Auskunft von Mustafa Bauch der zwanzigste Moschee-Neubau seit Mitte der 80er-Jahre in Deutschland. Zur Einweihung kommt der Kalif mit großem Gefolge aus London. 400 bis 500 Gäste werden in Pankow erwartet.
Vermutlich wird das Gemeindehaus, das zwischen Moschee und Straße steht, noch früher fertig. Im oberen Stockwerk entstehen zwei Wohnungen. Eine wird der Imam der Gemeinde, Abdul Basit Tariq, beziehen, die andere der Hausmeister. Unten sind Räume für Bibliothek, Büro und Konferenzraum vorgesehen.
Nach wie vor ist das Projekt in Pankow umstritten. Gegner versammelten sich zu Sprechchören, als im Januar 2007 der Grundstein gelegt wurde. Im Frühjahr des Jahres brannte ein Kipplaster auf dem Grundstück an der Tiniusstraße. Im Juni zogen Moscheegegner bei einer Demonstration mit Plakaten, Spruchbändern und Lautsprecherwagen von Heinersdorf zur Breiten Straße in Pankow; die Initiative Pankower und Heinersdorfer Bürger (Ipahb) hatte dazu aufgerufen. Sie kritisiert den Bau heute noch auf ihrer Homepage. Viele Anwohner würden das Projekt immer noch ablehnen, sagt der CDU-Abgeordnete René Stadtkewitz. Allerdings habe die Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde ihren Internetauftritt geändert, der von den Moscheegegnern kritisiert worden war. "Das begrüßen wir."
Der Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde gehören in Berlin etwa 200 Gläubige an, in Deutschland sind es etwa 30 000. In Reinickendorf hat sie ein Gemeindezentrum in einem Einfamilienhaus eingerichtet. An jedem Freitagnachmittag treffen sich die Gläubigen zum Gebet. Das wird auch in Pankow so sein. Ob das Zentrum nach Eröffnung der Moschee erhalten bleibt, ist noch nicht entschieden.
Märkische Allgemeine, 16.02.2008
Proteste gegen Moschee
Bürgerinitiative in Pankow-Heinersdorf will weitermachen/Richtfest für Neubau im März
BERLIN - Es ist ein eigenartiger Mix, der seit der Wende in Pankow-Heinersdorf entstand. Schicke Villen stehen neben Baumärkten und Autowerkstätten. Fast-Food-Ketten bieten am Autobahnzubringer Burger und Hähnchen an. Mitten im Wohn- und Gewerbegebiet errichtet die muslimische Ahmadiyya-Gemeinde seit Januar 2007 eine Moschee. Es ist der erste Bau dieser Art im Ostteil der Stadt. Seitdem machen Pankower Front gegen das eine Million Euro teure Projekt. Sie fürchten eine Islamisierung ihres Stadtteils.
„Die Ahmadiyyas sind Menschen wie wir. Aber ihre Ziele und Thesen halten wir für frauenfeindlich und teilweise rassistisch“, kritisiert Joachim Swietlik, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Pankow-Heinersdorfer Bürger. Seit Gründung vor einem Jahr sammelte er 20160 Unterschriften gegen den Moscheebau. Er selbst sei ein toleranter Mensch, betont der gebürtige Zossener (Teltow-Fläming). Seine Nachbarn seien Nigerianer. Mit Ausländern komme er gut aus. „Aber mit einer Gemeinde, in der Frauen und Mädchen so gut wie keine Rechte haben, habe ich meine Probleme“, so Swietlik. Für Frauen bestehe Kopftuchpflicht. Schulpflichtige Mädchen dürften nicht an Klassenfahrten teilnehmen. Sport und Schwimmen sei ihnen verboten. „Wen junge Frauen heiraten, bestimmen Vater und Imam“, moniert der 44-jährige Familienvater. Das alles würde die Gemeinde auch ganz offen einräumen. Mitglieder der Pankower Bürgerinitiative verweisen überdies darauf, dass kein einziger Ahmadiyya im Stadtbezirk wohnt.
Das allerdings soll sich bald ändern. Denn Abdul Tariq, Imam der Ahmadiyya-Gemeinde, wird in der Moschee eine Wohnung beziehen. Im März soll das Richtfest stattfinden. Die Einweihung des Komplexes für 250 Betende ist für August geplant.
Die meisten Berliner hätten vom Moscheebau erst aus der Zeitung erfahren, so Swietlik. „Da war der Vertrag praktisch schon in Sack und Tüten.“ Am 11. Dezember 2006 wurde der Bauantrag genehmigt, der Abschluss aber offenbar erst zwei Tage vor Weihnachten bekannt gegeben.
Der Sprecher des Bezirksamts Pankow, Tobias Schietzelt, widerspricht. Er verweist auf eine öffentliche Bauausschusssitzung, an der auch Mitglieder der Bürgerinitiative teilnahmen. „Hier wurde nichts gemauschelt. Alles war transparent“, so der Sprecher.
Zwischen Bürgerinitiative und Bezirksamt herrscht mittlerweile Funkstille. Mitglieder der Interessengemeinschaft hatten SPD-Bezirksbürgermeister Matthias Köhne im März 2007 sogar angezeigt, weil der einen Brandanschlag auf die Moschee laut Medienberichten als „Höhepunkt islamfeindlicher Hetze“ bezeichnet hatte. Die Heinersdorfer fühlten sich dadurch als Täter gebrandmarkt.
Imam Abdul Tariq kann die Aufregung um den Moschee-Bau nicht nachvollziehen. Er versichert, dass sich seine Gemeinde von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen abgrenzt. Predigten halte er grundsätzlich auf Deutsch, sagt er. Auf das Thema Frauenrechte will der 60-Jährige allerdings nicht eingehen. Alles geschehe im Einvernehmen mit den Mädchen und Frauen.
Der Verfassungsschutz stuft die muslimische Gemeinschaft nach Auskunft des Pankower Bezirksamtes als „friedliebend“ ein. Ähnlich sieht es Dietrich Reetz vom Zentrum für Modernen Orient. „Die Ahmadiyya distanziert sich deutlich von Gewalt. Sie gilt als konservativ, stellt keine Bedrohung für unseren freiheitlichen Rechtsstaat dar“, sagt er.
Auch wenn der Moscheebau nicht mehr zu verhindern ist, will die Bürgerinitiative nach Aussage von Swietlik weitermachen. Dann sagt der selbstständige Glastechniker noch, dass ihm Abdul Tariq als Mensch nicht unsympathisch sei. Ähnlich äußerte sich Tariq, der seinem Umzug nach Pankow gelassen entgegensieht. „Wenn wir erst mal da sind, werden wir uns schon aneinander gewöhnen.“
Von Jens Rümmler
13.02.2008, Linie 1 Magazin
Gebete für gute Nachbarschaft
Richtfest für Moschee in Berlin-Heinersdorf naht - Imam will einen »Ort des Friedens« schaffen
Berlin (ddp). Langsam lenkt Imam Abdul Basit Tariq sein Auto an Bauschutt und Pfützen vorbei. Er parkt neben dem Rohbau des Gästehauses, klettert aus dem Wagen und setzt seine schwarze Fellmütze auf. Stolz zeigt er auf die halbfertige Moschee im Pankower Ortsteil Heinersdorf in Berlin. »Wir hoffen, dass im August alles fertig ist«, sagt der 59-Jährige. Zehn Meter ist das Minarett schon hoch, zwölf sollen es werden. Direkt daneben ragt ein knallrotes Werbeplakat für eine amerikanische Fast-Food-Kette in den Himmel. »Falls unsere Gäste Hunger bekommen«, sagt Tariq und lacht schallend.
Im Nebenhaus sind drei Zimmer für Besucher reserviert, auf derselben Etage will der Imam mit seiner Frau einige Räume beziehen. Tariq blickt aus dem Fenster auf das zweistöckige Gebetshaus. »Die Moschee wird ein Ort des Friedens«, sagt er. Die Ahmadiyya Gemeinde wurde 1974 von Flüchtlingen aus Pakistan gegründet. Das bisher genutzte Einfamilienhaus in Reinickendorf ist für die 200 Berliner Mitglieder längst zu klein. Auf der Suche nach einem Grundstück war Pankow eher eine Notlösung, doch jetzt ist Tariq stolz: »Wir sind die erste Moschee im Osten.«
Die untere Etage des Gebetshauses gehört den Männern, die obere den Frauen. »Das war der Wunsch der Frauen«, sagte Bauleiter Mustafa Bauch. In ganz Deutschland hätten die Frauen der bundesweit 35 000 Mitglieder starken Gemeinde für die Moschee gespendet, also wollten sie auch den schöneren Raum mit der großen Kuppel. Rund 1,7 Millionen Euro hätten die Frauen gesammelt, schätzt Tariq.
Noch stehen von der Betonkuppel nur die Säulen. Ein Richtfest sei bei Muslimen nicht üblich, sagt Tariq. Dennoch will er ein kleines Fest veranstalten, wenn die Kuppel Ende März fertig ist. Für Arbeiter und Freunde soll es Süßes geben, die Muslime wollen in erster Linie beten. »Wir beten zu Gott, dass wir mit unseren Nachbarn gut klarkommen«, sagt Tariq.
Bislang sieht es dafür schlecht aus. Mit Demonstrationen, Drohbriefen und anonymen Anrufen haben die Moschee-Gegner ihre Ablehnung kundgetan. Sogar ein Brandanschlag wurde verübt. Der Bauleiter berichtet: »Heute morgen waren die Schlösser zur Baustelle zugeklebt.« Ansonsten sei es aber »erstaunlich« ruhig geworden. Selbst an Silvester sei das 5000 Quadratmeter große Grundstück von Böllern verschont geblieben. »Je mehr der Bau fortschreitet, desto weniger wird es«, berichtet Bauch.
Er verstehe die Ablehnung, versichert der Iman. »Sie haben Angst, es gibt viel Unkenntnis.« Es gehe dabei weniger um den Islam als um ein Feindbild. Doch dann bricht es aus dem fülligen Mann heraus: »Es ist schrecklich. Seit zwei Jahren bin ich die Zielscheibe.« Dabei sei seine Gemeinde friedlich und freundlich. Mit Gesprächen will Tariq den Menschen die Angst nehmen. »Wenn die Moschee fertig ist, wird sie für alle Heinersdorfer offen stehen.« Er wolle Kaffee und Kuchen anbieten, jeder sei willkommen.
Die Nachbarschaft besteht aus einer vierspurigen Zufahrtstraße, riesigen Tankstellen - und einigen Wohnhäusern. Eine ältere Frau in Hausschuhen und geblümter Schürze verteilt in ihrem Garten Vogelfutter. Sie werde die Einladung auf keinen Fall annehmen, versichert sie. »So ein Quatsch.« Sie sei schon immer gegen den Bau der Moschee gewesen. Deshalb lege sie auch »keinen Wert« auf gute Nachbarschaft. Eine Frau im rosa Pulli schließt schnell die Balkontür, auf dem Fenster über ihr steht »Wohnung frei« auf der Scheibe. Ein Mann im Anzug ist ebenfalls kurz angebunden: »Kein Kommentar.«
Lediglich ein Fahrradfahrer mit Regenjacke bremst vor der Baustelle. »Ich wollte mal sehen, wie weit sie sind«, sagt er. Er freue sich über die Moschee. Zwar gehöre er selbst keiner Religion an - doch ein jeder solle nach seiner Facon leben. Er zeigt mit dem Finger auf die Häuser, an denen der Putz abblättert. »Schauen Sie sich doch um«, sagt der Mann. »Die haben doch überhaupt nichts.« Da sei es nicht verwunderlich, dass viele gegen die Moschee demonstrierten.
(ddp)