Pressearchiv
November 2007
27.11.2008 Dialog mit Verspätung
26.11.2007 Polizei schließt Kooperation mit Muslimen
23.11.2007 Polizei und Ahmadiyya-Gemeinde wollen zusammenarbeiten
12.12.2007 Nach 7 Monaten noch immer kein Ergebnis zur Brandursache ...?
19.11.2007 Ahmadiyya-Moschee feiert bald Richtfest
08.11.2007 Die Politik erwacht langsam aus dem Dornröschenschlaf
08.11.2007 Jugendzentren mobilisieren gegen rechts
07.11.2007 Amtsgericht verurteilt rechte Schläger
07.11.2007 Schläger nach Übergriff auf Linke verurteilt
04.11.2007 Integration oder Machtanspruch?
04.11.2007 EKD-Synode in Dresden
04.11.2007 EKD-Chef Wolfgang Huber fordert vom Islam mehr Ehrlichkeit im Dialog
TAZ, 27.11.2007
Dialog mit Verspätung
Die Polizei und die Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde vereinbaren eine Kooperation - vier Monate später als geplant, weil es Irritationen über den Text gab. Die Gemeinde hofft, durch die Zusammenarbeit auch jene Pankower Bürger zu überzeugen, die in Heinersdorf gegen den Bau ihrer Moschee protestieren
VON SEBASTIAN HEISER
Im Gemeindesaal der Moschee tobt ein Dutzend Kinder. Vorhin gab es etwas zu essen, davor Nachhilfe bei den Hausaufgaben - jetzt ist Getöse angesagt in dem mit Teppich ausgelegten Raum, der kaum größer ist als ein großes Wohnzimmer. Der Gemeindesaal der Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde ist in einem Wohnhaus in Reinickendorf untergebracht, in einer unwirtlichen Gegend. 30 Meter weiter donnert der Verkehr der Autobahn 105 vorbei, übertönt nur noch von Flugzeugen: Die Start-und-Lande-Bahn des Flughafens Tegel ist gerade mal 500 Meter entfernt. In der Nachbarschaft der Moschee liegen ein Schuttabladeplatz, kleine Gewerbebetriebe wie eine Tischlerei und auch einzelne Häuser; die Straßen hier tragen Namen wie "Straße 462".
Es überrascht nicht, dass die reformorientierte, gemäßigte Gemeinde gern dort wegziehen will. Doch die Pläne der Ahmadis, in Pankower Ortsteil Heinersdorf eine zweistöckige Moschee mit Minarett für ihre 200 Berliner Mitglieder zu errichten, haben für viel Wirbel gesorgt. Eine eigens gegründete Bürgerinitiative wehrt sich gegen den Bau, seit die Pläne bekannt wurden; Neonazis sprangen auf den Protest auf; eine Bürgerversammlung über den Bau musste wegen der aufgeladenen Stimmung und der unerwartet großen Teilnehmerzahl abgebrochen werden. Dennoch soll der Neubau im Sommer kommenden Jahres fertig sein.
Es überrascht angesichts dieser Situation auch nicht, dass die Gemeinde Verbündete sucht. So unterzeichneten am Montag im Rathaus Pankow der Leiter der zuständigen Polizeidirektion 1, Klaus Keese, und der Imam Abdul Basit Tariq einen Kooperationsvertrag, der eine offizielle Zusammenarbeit vorsieht. Es war ein langer Weg bis dorthin.
Der Vertrag hat nur drei Seiten und besteht hauptsächlich aus allgemeinen Phrasen. Ein typischer Satz lautet etwa: "Beide Seiten verpflichten sich zum aktiven, von Transparenz geprägten Dialog, um eine geordnete und störungsfreie Kommunikation zu gewährleisten." Konkrete Vereinbarungen gibt es nur wenige: Die Polizei kann in Zukunft Sprechstunden in den Räumen der Gemeinde abhalten, die Gemeinde wiederum informiert die Polizisten frühzeitig über Veranstaltungen.
Dennoch ist die Vereinbarung ein wichtiger Schritt. Denn hier geht es darum, den Dialog miteinander auszubauen - und was wäre dazu besser geeignet, als sich erst mal gegenseitig Wertschätzung und Kooperationsbereitschaft zu versichern?
Die Polizei will durch den Vertrag die Gemeindemitglieder erreichen und sich ihnen als Ansprechpartner vorstellen. Und Imam Abdul Basit Tariq will durch die Vereinbarung "den Polizisten eine ihnen fremde Kultur, einen fremden Glauben näherbringen". Er lade die Beamten auch regelmäßig zu Veranstaltungen der Gemeinde ein und besuche sie auf dem Revier. Offenbar mit Erfolg: "Ich freue mich über die vielen Fragen der Polizisten". so Tariq.
Eigentlich sollte die Vereinbarung bereits im Juli unterschrieben werden, doch der Termin wurde kurzfristig abgesagt. Die Ahmadiyya-Gemeinde hatte noch Änderungswünsche angemeldet, die die Polizei habe prüfen müssen. Die Moscheegegner sahen allein durch diese Vertagung ihre Vorurteile bestätigt: Die Gemeinde wolle sich um ein Bekenntnis zu Demokratie und Rechtsstaat drücken, so die Vermutung. "Wir befürchten, dass die Mitglieder der Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde nicht auf dem Boden der Verfassung stehen", hatte Joachim Swietlik, der Vorsitzende der Bürgerinitiative, immer wieder betont. Die Lehre der Gemeinde hält er "für frauenfeindlich und rassistisch".
Der Imam stellt die Vertagung hingegen als völlig undramatisch dar. Die Polizei habe einen Text vorgeschlagen. Er habe sich allerdings gewünscht, dass die Gemeinde darin ausdrücklich als "Religionsgemeinschaft" bezeichnet wird. Außerdem solle festgehalten werden, dass Mitglieder der Gemeinde noch nie strafrechtlich aufgefallen seien. Doch die Polizei habe erwidert, dies könne von ihr nicht überprüft werden. Jetzt blieb es also bei dem Text, in dem auch statt von einer Religionsgemeinschaft von der "Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde" die Rede ist. "Wir hätten die Klarstellungen gut gefunden. Aber der jetzige Text ist kein Problem für uns", sagt der Imam.
Auch als sichtbares Zeichen für die Moscheegegner ist die Vereinbarung für die Gemeinde wichtig. Die Muslime konnten zwar schon zuvor darauf verweisen, dass sie im Bericht des Verfassungsschutzes nicht erwähnt werden. Rückendeckung kam auch von Experten wie Dietrich Reetz vom Zentrum für Modernen Orient. Der bekundete, die Gemeinde habe sich bisher immer von Gewalt distanziert und lebe friedlich. Jetzt zeigt auch die Vereinbarung mit der Polizei, dass die Gemeinde sich keineswegs abschottet - die Kooperation soll den Moscheegegnern den Wind aus den Segeln nehmen. Gegen die Unterzeichnung demonstrierten am Montag vor dem Pankower Rathaus einige Anhänger der NPD.
Für Michael Krömer, den Leiter der Polizeidirektion 3, bedeutet eine solche Kooperation mit einer muslimischen Gemeinde, gegenseitig zu erfahren, "warum sich wer wie verhält". Er ist für den Bezirk Mitte zuständig, im dortigen Stadtteil Wedding wurde bereits im Juli eine vergleichbare Vereinbarung mit der Yunus-Emre-Moschee getroffen. Seither gebe es eine "gute Zusammenarbeit", lobt der Polizist. Der Tag der Unterzeichnung war zwar nicht der Wendepunkt gewesen - miteinander gesprochen hat man auch vorher schon, jetzt wurde das nur schriftlich festgehalten.
Lütfü Imamoglu, Religionsattaché des türkischen Konsulats, betont: Durch die Kooperation könne die Gemeinde die Beamten auch über religiöse Besonderheiten aufklären und die Polizisten im Umgang mit Migranten beraten. So gab der Vorstand der Moschee etwa einen Islam-Crashkurs für Beamte des Unterabschnitts 36.
Der nächste Schritt der Zusammenarbeit sollen Integrationskurse für Imame sein. Nach einem Plan des Berliner Integrationsbeauftragten Günter Piening werden die Vorbeter in 32 Wochen die Geschichte Berlins kennenlernen, das politische System Deutschlands, das Bildungssystem, Familie in Deutschland, Sozialsysteme und Altersvorsorge. "Die Imame kommen mit einer theologischen Ausbildung aus dem Ausland und werden dann hier mit Alltagsfragen konfrontiert. Davon fühlen sie sich oft überfordert", sagt die Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus. Während der Kurse sollen die Imame auch immer wieder mit Berlinern zusammenkommen. Zum Kursprogramm werden daher Besuche im Abgeordnetenhaus oder bei Beratungsstellen gehören.
Der Imam der Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde allerdings hätte diesen Kurs wohl nicht mehr nötig. Er lebt seit 1982 in Berlin, seit zehn Jahren hat er einen deutschen Pass, und das Wohnzimmer bei ihm zu Hause ist so spießig eingerichtet wie bei vielen Heinersdorfern wohl auch: an der Wand ein Bild, das eine Bergidylle mit schneebedeckten Wipfeln und See zeigt. Die Kitschsammlung in der Vitrine wird dominiert von einem Porzellanteller, auf den in goldener Farbe das Weiße Haus in Washinton aufgemalt ist. Und im Bücherregal steht die Bibel - direkt neben dem Koran.
Tagesspiegel, 26.11.2007
Polizei schließt Kooperation mit Muslimen
Infos für Muslime, Schulung für Beamte: Die Polizeidirektion 1 und die Ahmadiyya Muslim Jamaat Gemeinde haben in Pankow einen Kooperationsvertrag unterzeichnet.
Direktionsleiter Klaus Kleese sagte in einem Grußwort, durch die Zusammenarbeit in gemeinsamen Projekten wolle sich die Polizei ein Bild vom Lebensumfeld muslimischer Migranten verschaffen. Ein weiteres Ziel sei, die Kenntnisse der Behörde über unterschiedliche kulturelle Verhaltensmuster und Kommunikationsformen zu erweitern. Vereinbart wurden unter anderem regelmäßige Sprechstunden der Polizei in Räumen der Gemeinde. Vorgesehen sind außerdem Informationsveranstaltungen über Kriminalprävention sowie Opferschutz und häusliche Gewalt. Im Gegenzug bietet die Gemeinde Schulungen für Beamte im interkulturellen Umgang an. Ein Objektschutz für die Moschee ist nach Polizeiangaben nicht geplant.
Vertragsabschluss verschoben
In dem Papier bekundet die Gemeinde zudem, dass sie sich der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verpflichtet fühlt und jede Form von Gewalt ablehnt. Der Kooperationsvertrag ist der zweite in Berlin und Bestandteil des bundesweiten Projektes Transfer interkultureller Kompetenz (TiK). Ursprünglich war die Unterzeichnung des Vertrags für Anfang Juli vorgesehen. Sie wurde jedoch verschoben, da Polizei und Gemeinde kurzfristig mehrere inhaltliche Veränderungen wünschten. Die Ahmadiyya Muslim Gemeinde errichtet für ihre 200 Berliner Mitglieder bis zum Sommer kommenden Jahres im Pankower Ortsteil Heinersdorf die erste Moschee in Ost-Berlin. Vor dem Pankower Rathaus demonstrierten heute einige Anhänger der NPD gegen die Kooperationsvereinbarung sowie den umstrittenen Bau der zweistöckigen Moschee mit einem zwölf Meter hohen Minarett. (mit ddp)
Der Tagesspiegel, 23.11.2007
Polizei und Ahmadiyya-Gemeinde wollen zusammenarbeiten
Bei der Berliner Polizei und der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde scheint es mit gegenseitiger Anerkennung nicht zum Besten zu stehen. Deswegen soll nach langen Verhandlungen am Montag ein Abkommen geschlossen werden.
Mit mehr als vier Monaten Verzögerung wollen die Polizeidirektion 1 und die Ahmadiyya-Muslim-Jamaat-Gemeinde am Montag in Pankow einen Kooperationsvertrag unterzeichnen. Ziel der Vereinbarung sei die Verbesserung des Dialogs sowie die Vermittlung kultureller und religiöser Werte zur Steigerung des wechselseitigen Verständnisses, sagte ein Polizeisprecher. Es ist die zweite Vereinbarung dieser Art in Berlin. Die beiden Kooperationen sind Bestandteile des bundesweiten Projektes Transfer interkultureller Kompetenz (TiK). "Die Vereinbarung stellt klar, dass sich Polizei und Gemeinde als gleichberechtigte Partner begegnen", sagte ein Behördensprecher. Das soll etwa dadurch zum Ausdruck kommen, dass man gemeinsam Informationsveranstaltungen organisiere. Die Kooperation umfasse keinen Polizeischutz. "Aber wir haben ein Auge auf die Baustelle", sagte der Polizeisprecher, "das ist klar". Auch wird sich die Religionsgemeinschaft ausdrücklich zum Grundgesetz bekennen.
Späte Unterschrift
Ursprünglich war die Unterzeichnung des Vertrags für Anfang Juli vorgesehen. Sie wurde jedoch verschoben, da die Gemeinde kurzfristig mehrere inhaltliche Veränderungen wünschte. Unter anderem wollte sie als Religionsgemeinschaft und nicht als Moschee-Gemeinde bezeichnet werden. Viele Gegner des Moscheebaus hatten es als Anlass zur Kritik genommen, dass die Gemeinde so lange nicht unterschrieben hatte und damit nicht eindeutig die Anerkennung ds Grundgesetzes ausdrückte. Der Vertrag wird Montag den 26. November unterschrieben vom Leiter der Polizeidirektion, Klaus Keese, und vom Imam der Gemeinde, Abdul Basit Tariq. Die Ahmadiyya Muslim Gemeinde errichtet für ihre 250 Berliner Mitglieder bis zum Sommer kommenden Jahres im Pankower Ortsteil Heinersdorf eine zweistöckige Moschee mit einem zwölf Meter hohen Minarett. Gegen den ersten Moscheeneubau in Ost-Berlin macht die Interessengemeinschaft Pankow-Heinersdorfer Bürger (ipahb) mobil. (mit ddp)
ad-hoc-news.de, 23.11.2007
Polizei und Ahmadiyya-Gemeinde wollen zusammenarbeiten
Berlin (ddp-bln). Mit mehr als vier Monaten Verzögerung wollen die Polizeidirektion 1 und die Ahmadiyya Muslim Jamaat Gemeinde am Montag (26. November) in Pankow einen Kooperationsvertrag unterzeichnen.
Ziel der Vereinbarung sei die Verbesserung des Dialogs sowie die Vermittlung kultureller und religiöser Werte zur Steigerung des wechselseitigen Verständnisses, sagte ein Polizeisprecher am Freitag. Es ist die zweite Vereinbarung dieser Art in Berlin. Die beiden Kooperationen sind Bestandteile des bundesweiten Projektes Transfer interkultureller Kompetenz (TiK).
Ursprünglich war die Unterzeichnung des Vertrags für Anfang Juli vorgesehen. Sie wurde jedoch verschoben, da die Gemeinde kurzfristig mehrere inhaltliche Veränderungen wünschte. Unter anderem wollte sie als Religionsgemeinschaft und nicht als Moschee-Gemeinde bezeichnet werden. Der Vertrag wird am Montag unterschrieben vom Leiter der Polizeidirektion, Klaus Keese, und vom Imam der Gemeinde, Abdul Basit Tariq.
Die Ahmadiyya Muslim Gemeinde errichtet für ihre 250 Berliner Mitglieder bis zum Sommer kommenden Jahres im Pankower Ortsteil Heinersdorf eine zweistöckige Moschee mit einem zwölf Meter hohen Minarett. Gegen den ersten Moscheeneubau in Ost-Berlin macht die Interessengemeinschaft Pankow-Heinersdorfer Bürger (ipahb) mobil.
ddp/mio/uge
12.12.2007, Abgeordnetenhaus von Berlin
Drucksache 16 / 11 347
Kleine Anfrage
16. Wahlperiode
Kleine Anfrage des Abgeordneten René Stadtkewitz (CDU) vom 25. Oktober 2007
(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. November 2007) und Antwort
Nach 7 Monaten noch immer kein Ergebnis zur Brandursache auf dem Moscheebaugrundstück in Pankow-Heinersdorf?
Im Namen des Senates von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt:
1. Sind die Untersuchungen zum Feststellen der Brandursache auf dem Moscheebaugelände in der Pankower Tiniusstraße, bei dem ein abgestelltes Baufahrzeug am 20.03.2007 gegen 19.00 Uhr in Brand geraten war, inzwischen abgeschlossen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, welche Gründe gibt es für die Verzögerungen, und wann ist mit einem Ergebnis zu rechnen?
2. Bestätigen die Untersuchungen die spontane Annahme, es könnte sich um einen vorsätzlich herbeigeführten Brand handeln? Wenn ja, wodurch wird dies bestätigt, und gibt es bereits Tatverdächtige und aus welchem Täterkreis werden diese vermutet?
Zu 1.- 2.: Die Ermittlungen zu dem am 21. März 2007 gegen 19.00 Uhr an einem LKW entstandenen Brand auf dem Baugrundstück der Moschee in der Tiniusstraße 5 - 8 dauern an und haben bislang nicht zur Namhaftmachung eines Täters geführt. Es steht nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft Berlin noch das Ergebnis von molekulargenetischen Untersu-chungen aus, mit welchen die kriminaltechnische Untersuchungsstelle des Landeskriminalamtes befasst ist. Mit dem Ergebnis ist in den nächsten Wochen zu rechnen. Da in dem unterhalb des LKW gesicherten Brandschutt Ottokraftstoff nachgewiesen wurde, der nicht von dem betroffenen Diesel-Fahrzeug stammen kann und als Brandbeschleuniger geeignet ist, besteht der Verdacht einer vorsätzlichen Brandstiftung.
3. Führten die Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass die Annahme, der zwischen Fahrerhaus und Laderampe angebrachte Ölfilter des Baufahrzeuges könnte sich durch den nach dem Abstellen entstehenden Wärmestau und die dann eintretende Überhitzung selbst entzündet haben, widerlegt werden?
Zu 3. : Der Ölfilter war nicht vom Brand betroffen. Darüber hinaus bestehen auch keine Anhaltspunkte für einen technischen Defekt an dem außen an der Beifahrerseite des LKW zwischen dem Führerhaus und der Laderampe befindlichen frei zugänglichen Luftfilterkasten, der als Brandausbruchstelle ermittelt werden konnte.
4. Treffen Informationen zu, wonach bis zum heutigen Tage keine Zeugenbefragung stattgefunden hat und nicht einmal diejenigen befragt worden sind, die den Brandausbruch offenbar als erste bemerkt und folgerichtig gemeldet haben? Wenn nein, flossen in die Untersuchungen Zeugenaussagen ein, die beobachtet haben, dass der Fahrer an diesem Baufahrzeug etwa auf Höhe des in Frage 3 beschriebenen Ölfilters nur wenige Stunden vor dem Abstellen Arbeiten durchgeführt hatte?
Zu 4. : Der Brand wurde am 21. März 2007 durch eine zufällig am Grundstück Tiniusstraße 5 - 8 vorbeikommende Passantin bemerkt, die um 19.14 Uhr die Berufsfeuerwehr alarmierte. Die Zeugin wurde vernommen und hat angegeben, weder die Tatausführung beobachtet, noch verdächtige Personen am Tatort wahrgenommen zu haben. Es wurden darüber hinaus keine Zeugen ermittelt, die Angaben zum Tathergang oder zu den angesprochenen Arbeiten machen konnten.
5. Teilt der Senat die Auffassung, dass es angesichts der Brisanz dieses Vorfalles gelingen muss, Ergebnisse zügiger vorzulegen, und dass dem nicht zuletzt wegen der öffentlich gemachten Vorverurteilung eingetretenen Imageschadens nur durch eine schnelle Aufklärung entgegen gewirkt werden kann?
Zu 5.: Der Senat weist darauf hin, dass einem Abschluss der Ermittlungen lediglich noch das Ergebnis der unverzüglich in Auftrag gegebenen molekulargenetischen Untersuchungen entgegensteht. Alle weiteren sachdienlichen Ermittlungen wurden bereits durchgeführt.
Berlin, den 23. November 2007
von der Aue
Senatorin für Justiz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Novemb. 2007)
Der Tagesspiegel, 19.11.2007
Ahmadiyya-Moschee feiert bald Richtfest
Die Ahmadiyya-Moschee in Pankow nimmt Gestalt an - demonstriert wird gegen das Bauwerk allerdings noch immer. Die Polizei lässt bereits jetzt Beamte für den Einsatz in Heinersdorf interkulturell schulen.
Von Claudia Keller
Die Pfade zu Allah sind dunkel und sandig. Sie verzweigen sich hinter dem Kurt-Schumacher-Platz in Reinickendorf, verlaufen zwischen Industriegebiet und Stadtautobahn und führen zu einem kleinen Einfamilienhaus mit Garten. Das Haus ist an diesem Sonnabend hell erleuchtet, in den Fenstern halten Männer Ausschau nach Gästen. Es ist das Haus, in dem sich die Ahmadiyya-Gemeinde bisher trifft und betet und wie an diesem Abend Gäste zu einem nachträglichen Ramadan-Essen begrüßt. „Nächstes Jahr wollen wir die Besucher nach Pankow einladen“, sagt Imam Abdul Tariq. Der Rohbau der umstrittenen Moschee in der Heinersdorfer Tiniusstraße ist so gut wie fertig. „In ein paar Wochen feiern wir Richtfest“, sagt der Imam der nach eigenen Angaben 200 Mitglieder zählenden Berliner Gemeinde. Im Frühjahr will man die Moschee einweihen.
Der Bau koste eine Million Euro. „Unsere Frauen haben das Geld gesammelt“, sagt Imam Tariq stolz. Deshalb werde die Moschee nach „Khadija“ benannt, der ersten Frau des Propheten Mohammed. Khadija war um die 40 und eine erfolgreiche Geschäftsfrau, als sie Mohammed heiratete. Auch brachte sie Kinder aus früheren Ehen in die Beziehung mit dem viel jüngeren Mohammed ein.
Beim Abendessen in den Räumen der Ahmadiyya in Reinickendorf ist allerdings keine Frau der Gemeinde anwesend. „Frauen müssen an einem Sonnabend nicht in die Moschee kommen“, erklärt ein Mitarbeiter. Sie hätten an diesem Abend wohl anderes zu tun. Der Imam ergänzt: Die Frauen würden ihre eigenen Feste feiern, zu denen sie ihre eigenen weiblichen Gäste einladen. „Unsere Frauen wollen lieber unter sich sein.“ Da könnten sie auch viel ungezwungener reden, als wenn Männer dabei sind.
Reis, Lammgulasch und Hühnchen für diesen Abend hat der Mitarbeiter der Gemeinde gekocht, der für die Bewirtung zuständig ist. Vor dem Essen erklärt der 60-jährige Tariq, dem das Anzughemd sichtlich über dem Bauch spannt, welche Bedeutung das Fasten im Ramadan hat. Manchmal dürfe man von 3.30 Uhr morgens bis 21.30 Uhr abends weder essen noch trinken. „Das ist gesund für den Körper, da werden alle Giftstoffe abgebaut.“ Wirkungsvoll sei auch, wenn man im Ramadan nachts für kranke Angehörige bete. „Die Macht der Ärzte ist beschränkt, nur Allah hat umfassende Macht und kann Kranke heilen.“
Am Tisch im Moscheeraum mit weiß-blau karierter Papiertischdecke haben auch zwei Mitarbeiter des „Arbeitsgebiets Ausländer“ von der Polizei Platz genommen. Das ist eine Art Spezialtruppe, die Kontakte zu Moscheen und Migrantenvereinen aufbaut und ihren Kollegen Wissen über den Islam und andere Kulturen zu vermitteln versucht, das ihnen wiederum im Umgang mit Migranten helfen kann. Gerade seien die Heinersdorfer Polizisten geschult worden, um sie auf die neue Moschee vorzubereiten.
Nicole Trommer, eine junge Politikerin der Linken in Pankow, erzählt beim Tee zum Nachtisch von der „Zukunftskonferenz“, die von Freitag bis zum gestrigen Sonntag in Heinersdorf tagte. Finanziert wurde die Veranstaltung vom Integrationsbeauftragten des Senats. Rund 70 Anwohner, Gewerbetreibende, Vertreter von sozialen Einrichtungen und Kirchen haben dabei über die Zukunft des in den vergangenen Jahren eher vernachlässigten Stadtteils von Pankow diskutiert. Auch Mitglieder der Ahmadiyya waren da – und mussten Kritik über sich ergehen lassen. Doch die Debatte sei „sehr konstruktiv“ gewesen, sagt die junge Frau. Die Bürgerinitiative Ipahb, die seit eineinhalb Jahren erbittert gegen die Moschee kämpft, fühlte sich ausgeschlossen, weil nicht der Verein, sondern nur einzelne Mitglieder eingeladen worden waren. Am Freitagabend demonstrierte der Verein mit 100 Leuten und einem Aufgebot von ebenso vielen Polizisten gegen die Konferenz. „Das ist eine reine Werbeveranstaltung für die Ahmadiyya-Sekte“, sagt Joachim Swietlik, der Vereinsvorsitzende. Er habe nichts gegen den Imam oder die Gläubigen, sagt der Heinersdorfer am Telefon, aber ihn störe beispielsweise das Frauenbild, das die Gemeinde vertrete.
Auch darüber wird beim Tee gesprochen. „Ist das nicht gespenstisch, welche Energie die Bürgerinitiative gegen die Ahmadiyya aufbringt?“, fragt Nicole Trommer und rührt in der Tasse. „Der Rohbau ist fast fertig und die demonstrieren immer noch.“ Imam Tariq schätzt Swietlik „als Menschen“, wie er sagt. Er habe ihn auch immer wieder nach Reinickendorf eingeladen. Beim Essen fehlt der Initiativen-Chef aber. „Die Begegnungen in letzter Zeit waren nicht gut“, sagt Tariq.
Der Abend ist fortgeschritten, das Essen abgeräumt, da kommt ein später Gast im dunklen Anzug und rosa Hemd zur Tür herein. Trommer nickt ihm zu. Bis eben sei er bei der Zukunftskonferenz gewesen, sagt der junge Mann, der in Berlin aufgewachsen ist und dessen Eltern aus Pakistan kommen. „Ich wollte unbedingt den Vortrag über die Geschichte Heinersdorfs hören“, sagt er. Dafür hat er sogar das Essen in der Moschee ausfallen lassen.
tagesschau.de, 08.11.2007
Interview mit Seyran Ates zum Nationalen Integrationsplan
"Die Politik erwacht langsam aus dem Dornröschenschlaf"
Seyran Ates ist Rechtsanwältin, Frauenrechtlerin und Autorin. Seit Jahren setzt sie sich für eine bessere Integration von Migranten ein. tagesschau.de sprach mit Ates über muslimische Parallelwelten, konservative Verbände und den Nationalen Integrationsplan der Bundesregierung.
Zur Person: Seyran Ates ist Rechtsanwältin und Autorin. Sie ist deutsche Staatsbürgerin mit türkisch-kurdischer Herkunft. In der Öffentlichkeit hat sich die 44-Jährige vor allem als Frauenrechtlerin einen Namen gemacht. Für ihr Engangement für Integration und Gleichberechtigung wurde sie im Juni dieses Jahres mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Im Oktober erschien ihr Buch "Der Multikulti-Irrtum. Wie wir in Deutschland besser zusammenleben können."
tagesschau.de: Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, die CDU-Politikerin Maria Böhmer, ist zufrieden mit der Umsetzung des Nationalen Integrationsplans. Im Bundestag sagte sie, sie sehe "klare Fortschritte" bei der Integration. Sehen Sie die auch? Seyran Ates: Ich sehe die Fortschritte, auch wenn sie klein sind und ich mir größere Schritte wünschen würde. Wir hatten letztes Jahr mit dem Integrationsgipfel tatsächlich ein einschneidendes Ereignis: Sowohl die Politik als auch die Wirtschaft haben mit 'den Migranten' an einem Tisch gesessen. Das war einmalig – ein kleiner, aber symbolisch doch großer Schritt in die richtige Richtung.
tagesschau.de: Böhmer sprach auch von einer "Aufbruchstimmung". Spüren Sie davon etwas? Ates: Ja, wir haben eine Aufbruchstimmung ausgelöst. Die Politik hat für sich viele Erkenntnisse gewonnen und erwacht langsam aus ihrem Dornröschenschlaf. Letztlich hinkt die Politik der Gesellschaft aber noch immer hinterher, die ist schon wesentlich wacher.
tagesschau.de: Das klingt sehr zuversichtlich. Ates: Auf der anderen Seite gibt es aber auch muslimische konservative Kräfte, die sagen: Achtung, aufgepasst! Da will uns jemand unsere Parallelwelt nehmen. Und auch die fremdenfeindlichen Menschen sehen, dass die multikulturelle Gesellschaft Realität ist. Sie beobachten nun mit Argwohn, dass Bemühungen vorhanden sind, Deutschland zu einer Einwanderungsgesellschaft zu formen. Man muss also wachsam bleiben.
tagesschau.de: Wie sieht es denn mit der Umsetzung der Integrationspolitik im Alltag aus? Ates: Ich bin 1969 nach Deutschland gekommen und wurde ein Leben lang als Ausländerin wahrgenommen – und zwar von allen Seiten. Jetzt bin ich wirklich froh, dass es diese Debatte überhaupt gibt. Auch wenn ich die Umsetzung mit kritischem Blick beobachte. Denn der Nationale Integrationsplan beinhaltet im Grunde genommen nichts Neues. Kluge Menschen aus Wissenschaft und Politik haben all das, was da drin steht, schon vor mehr als 30 Jahren gefordert. Nun hoffe ich, dass es die Politik jetzt wirklich ernst meint. Wir werden jetzt sicher keine riesigen Schritte machen, das wird sehr langsam gehen. Aber es geht endlich voran, und das stimmt mich zuversichtlich.
tagesschau.de: Sie setzen sich vor allem für Frauenrechte ein, wie würden sie die Situationen von Migrantinnen derzeit beurteilen? Ates: Viele muslimische Frauen leben noch immer in einer archaischen Parallelwelt, wo Strukturen herrschen, wie wir sie aus dem Mittelalter kennen. Nicht umsonst haben wir heute noch Jugendliche, die von einem Ehrbegriff sprechen, der sie dazu bringen würde, einen Ehrenmord zu begehen. Für viele muslimische Jugendliche in Deutschland ist es beispielsweise auch ganz normal, dass die Mädchen zuhause bleiben müssen.
tagesschau.de: Lässt sich das quantifizieren? Wie viele Migranten leben in dieser von ihnen skizzierten Parallelgesellschaft? Ates: Dazu gibt es keine Studien. Aber nach meinem Empfinden leben in dieser Parallelgesellschaft zumindest etwa 80 Prozent derjenigen Menschen, die aus der Türkei nach Deutschland kamen. Die sind hier nie richtig angekommen - und das kann sich auch auf die nachfolgende Generation übertragen. Ihr Alltag ist geprägt von der Vorstellung, dass sie nicht wirklich hier in diesem Land leben. Sie fühlen sich nicht zugehörig, Deutschland ist nicht ihr Heimatland. Ich denke, dass nur etwa 20 Prozent der Menschen wirklich hier angekommen sind und sagen: Ja, das hier ist meine Heimat.
tagesschau.de: Würden sie das von sich sagen? Ates: Ja, ich bin sehr neugierig und offen für andere Kulturen, ich bin in Deutschland angekommen, weil ich mich für Deutschland entschieden habe. Aber selbst ich bin noch nicht vollständig integriert. Ich werde heute noch von vielen Deutschen mit der Frage konfrontiert, wann ich denn gedenke, in mein Heimatland zu meinen Landsleuten zurückzukehren. Dabei habe ich die deutsche Staatsangehörigkeit. Meine Landsleute leben hier.
tagesschau.de: Wo sehen Sie die größten Baustellen, den größten Nachholbedarf in der Integrationspolitik? Ates: Die Auflösung der Parallelgesellschaft wird davon abhängen, ob wir es schaffen, den Menschen, die dort leben, eine gute Bildung mit auf den Weg zu geben. Nur wenn sie einen Beruf erlernen und ausüben können, schaffen wir die Voraussetzung für echte Integration. Zum Zweiten muss Deutsch als gemeinsame Sprache von diesem Menschen gesprochen werden. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Kinder schon im Kindergarten entsprechend gefördert werden. Jetzt aber ältere Menschen, die seit 30, 40 Jahren im Land sind, dazu zwingen, deutsch zu lernen, wäre falsch und unfair.
tagesschau.de: Zu einer gelungenen Integration gehören immer zwei Seiten. Wie sieht es denn mit dem Integrationswillen vor allem muslimischer Verbände aus, von denen viele als konservativ gelten? Ates: Die allermeisten Verbände haben mit dazu beigetragen, dass sich eine Parallelgesellschaft gebildet hat, die in Abgrenzung zur Mehrheitsgesellschaft existiert. Es wurde und wird zum Teil noch immer ein extremer Kultur-Chauvinismus betrieben. Noch immer haben dort die konservativen Hardliner das Sagen. Junge Menschen mit neuen Ideen und Meinungen werden dort oftmals nach wie vor von den alteingesessenen Funktionären abserviert.
Das Interview führte Ulrich Bentele, tagesschau.de
TAZ, 08.11.2007
Jugendzentren mobilisieren gegen rechts
Pankow ist nach Mitte der Bezirk mit den meisten rechten Straftaten. Mit Aktionstagen machen vier Jugendzentren ab heute mobil gegen Neonazis
Heute beginnen in Pankow die "Jugendaktionstage gegen rechts", eine zehntägige Veranstaltungsreihe der Jugendzentren des Bezirks. Mit Konzerten, Filmabenden, Vorträgen und Ausstellungen wollen die vier beteiligten Einrichtungen Bunte Kuh, Garage Pankow, Kurt-Lade-Club und das Unabhängige Jugendzentrum Pankow (JUP) auf zunehmende rechte Gewalt aufmerksam machen. "Wir informieren, bieten Räume zum Diskutieren und führen diejenigen zusammen, die gegen rechts aktiv sind oder es werden wollen", sagt Michael Rebe vom JUP.
Mit den Aktionstagen wollen die Organisatoren "ein Klima schaffen, in dem die Ausgrenzung von Andersdenkenden nicht möglich ist", so Rebe. Der Hintergrund: Pankow ist nach Auskunft der Senatsverwaltung für Justiz inzwischen nach Mitte der Bezirk mit den meisten rechten Straftaten. So griffen im Januar Neonazis am Rande der Grundsteinlegung der Ahmadiyya-Moschee in Heinersdorf linke Pankower Jugendliche an. Fünf der Täter wurden am Dienstag zu Bewährungsstrafen verurteilt (taz berichtete).
Im Oktober tauchten in Niederschönhausen Aufkleber mit dem Spruch "Wir denken an dich" auf, die Pankower Linke mit vollem Namen nannten. Jugendliche, die sich gegen Nazis engagieren, würden nun von rechten Mitschülern erkannt, sagt JUP-Sprecher Rebe. Er selbst sei nach der Aufkleberflut in Niederschönhausen von Unbekannten gefragt worden, was er in ihrem Kiez zu suchen habe. "Wir fühlen uns bedroht", sagt der Jugendarbeiter.
Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD) glaubt indes nicht an eine wachsende Gefahr: "Dass in Pankow immer mehr rechte Straftaten registriert werden, liegt auch daran, dass sich die Aufmerksamkeit erhöht hat." Außerdem geschähen in Pankow, dem Bezirk mit der höchsten Einwohnerzahl, eben auch mehr Delikte als in kleineren Stadtteilen. Köhne bestreitet jedoch nicht, dass die Naziszene ein Problem darstellt. Mit einem lokalen Aktionsplan wolle man an Schulen und in Sportvereinen ein Klima schaffen, das rechte Straftaten nicht zulasse, sagt der Bürgermeister. "Aber einen Knopf zum Abschalten der rechten Szene gibt es nicht."
Laut Polizei ist der in Pankow auch nicht nötig. "Drei Viertel aller registrierten Fälle sind Propagandadelikte wie Schmierereien verfassungswidriger Symbole", sagt Sprecher Hansjörg Dräger. Gewaltdelikte würden gerade mal 1 Prozent aller Fälle ausmachen.
JUP-Sprecher Rebe beklagt allerdings, die Polizei nehme die Gefahr nicht ernst, die von der rechten Szene und Sprüchen wie "Wir denken an dich" ausgehe: "Als ein Jugendlicher wegen der Aufkleber Anzeige erstatten wollte, sagte ihm ein Polizist, er denke auch ständig an seine Frau, darüber könne man sich doch nur freuen", berichtet Rebe. Die Polizei habe die Anzeige erst aufgenommen, als der Junge einen Anwalt hinzuzog. Auch der Datenschutz bei Gerichtsverfahren gegen Nazidelikte reiche nicht aus. "Es ist leicht, an die Namen der Kläger heranzukommen", kritisiert der Jugendarbeiter. In Hamburg sei dies beispielsweise nicht möglich. Dieses Problem ist auch im Bezirksamt Pankow bekannt. "Wir haben darüber diskutiert", sagt Köhne. Allerdings, so die lapidare Feststellung des Bezirksbürgermeisters, könne man nichts dagegen unternehmen.
Vielleicht schaffen die Aktionstage ja einen Klimawandel, der bis ins Pankower Rathaus reicht.
SEBASTIAN KRETZ
Der Tagesspiegel, 07.11.2007
Amtsgericht verurteilt rechte Schläger
Sechs mutmaßliche Neonazis sind nach einem Übergriff auf politische Gegner am Dienstag vom Amtsgericht Tiergarten der Körperverletzung schuldig gesprochen worden. Gegen fünf der Männer im Alter von 23 bis 41 Jahren ergingen Bewährungsstrafen zwischen fünf Monaten und einem Jahr. Ein einschlägig vorbestrafter 25-Jähriger wurde zu 16 Monaten Gefängnis verurteilt. Zwei der Männer sollen der Pankower NPD angehören. Die Angeklagten hatten nach Überzeugung der Richter im Anschluss an einen Marsch gegen den Bau der Ahmadiyya-Moschee im Pankow-Heinersdorf vor vier Monaten linke Gegendemonstranten angegriffen. Der älteste Angeklagte muss jeweils 1000 Euro Schmerzensgeld an die beiden Opfer zahlen, die leicht verletzt worden sind. Drei der Angeklagten sollen je 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. K. G. (Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 07.11.2007)
ad hoc news, 07.11.2007
Schläger nach Übergriff auf Linke verurteilt
Berlin (ddp-bln). Vier Monate nach den Ausschreitungen am Rande einer Kundgebung gegen den Bau einer Moschee in Pankow hat das Amtsgericht Tiergarten sechs rechte Schläger zu Bewährungs- und Haftstrafen verurteilt. Ein bereits wegen Gewaltdelikten vorbestrafter 25-Jähriger muss für 16 Monate ins Gefängnis.
Die restlichen Angeklagten im Alter von 23 bis 41 Jahren erhielten ebenfalls wegen gefährlicher Körperverletzung Bewährungsstrafen zwischen fünf und zwölf Monaten. Zwei der Angeklagten sollen Mitglieder der rechtsextremen NPD sein.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten nach einer Kundgebung gegen den Bau der Ahmadiyya-Moschee im Pankower Ortsteil Heinersdorf zwei linke Gegendemonstranten angegriffen haben. Die Männer hätten sich vermummt und aus einer Gruppe von rund 20 Personen ihre Opfer eingekreist, geschlagen und getreten. Der 18-Jährige und sein Freund wurden dabei leicht verletzt. Nur durch das Einschreiten der Polizei habe Schlimmeres verhindert werden können, betonte der Richter.
Drei Angeklagte müssen zusätzlich 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Der mit 41 Jahren älteste Angeklagte muss zudem je 1000 Euro Schmerzensgeld an die Opfer zahlen. Insgesamt 15 Personen konnten nach den Ausschreitungen festgenommen werden. Vier weitere Mittäter wurden bereits zu Bewährungs- und Haftstrafen verurteilt. Ein Verfahren gegen fünf Jugendliche steht noch aus.
(ddp)
ZDF online, Berlin direkt, 04.11.2007
Integration oder Machtanspruch?
Der Bau von Moscheen wird zur Belastungsprobe
von Ulf Röller
Immer mehr Moscheen werden gebaut. Viele Anwohner, wie in auch Berlin-Heinersdorf, demonstrieren dagegen. Mit der sichtbaren Ankunft des Islam in Form muslimischer Gebetshäuser stellt sich die Frage: Endet die Toleranz mit einer Moschee in der Nachbarschaft? Während Innenminister Schäuble versucht, Muslime in Deutschland besser zu integrieren, fühlen sich manche Bürger überfordert und übergangen. Eines ist jedoch klar: Deutschland verändert sich.
Jeder kennt den Reichstag, aber nur die wenigsten kennen einen seiner umstrittensten Räume: den Andachtsraum. Hier darf jeder Abgeordnete seinem Gott huldigen. Das Kreuz ist dabei nur ein religiöses Symbol. Auch eine Linie aus Steinen zeigt Richtung Mekka für die Muslime. Viele christliche Parlamentarier stoßen sich an diesem religiösen Mehrzweckraum. Er steht für eine neue Zeit.
Glaubenskrieg in der Nachbarschaft
"Europa des 21. Jahrhunderts beziehungsweise die Europäische Union ist nicht christliches Abendland. In der Europäischen Union, die ja kein christlicher Club ist, leben ganz selbstverständlich Muslime", meint der SPD-Abgeordnete Steffen Reiche. Wenn es immer so einfach wäre.
(dpa)
Modell der geplanten Großmoschee in Köln
In Berlin-Heinersdorf herrscht Glaubenskrieg. Hier entsteht eine Moschee für die Ahmadiyya-Gemeinde. Und die Anwohner sind dagegen. Seit Monaten demonstrieren sie. Seit Monaten liegen hier die Nerven blank. Es geht um Toleranz, es geht um Angst vor Fremden. Der Bau ist aber genehmigt und wächst, wie das Unverständnis.
Mangelndes Verständnis
"Einer der Hauptgründe ist, dass unter den 6500 Heinersdorfern, die hier leben, unseres Wissen nach nicht ein Muslim lebt und wie soll es zu Berührungspunkten kommen, davon lebt ja Integration, wenn man am Freitag touristengleich anreist, sein Gebet verrichtet und dann wieder weg geht", kritisiert Joachim Swietlik, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Pankow-Heinersdorfer Bürger.
Stolz zeigt die Ahmadiyya-Gemeinde ihre Baupläne. Seit über 50 Jahren leben sie in Berlin, sagen sie und jetzt bekommen sie ein repräsentatives Gotteshaus. Die Wut können sie nicht verstehen. "Wir haben es in vielen verschiedenen Stadtteilen versucht. Heinersdorf ist ein guter Platz, weil er nicht weit vom Zentrum entfernt ist. Und unsere Mitglieder nicht allzu weit von der zukünftigen Moschee wohnen werden", erklärt der Vorsitzende der Ahmadiyya-Gemeinde in Deutschland, Adullah Uwe Wagishauser.
Sichtbare Ankunft
Der Islam ist nun auch sichtbar in Deutschland angekommen. In jeder größeren Stadt gibt es mindestens eine Moschee - ob in Bayern oder in Berlin. Insgesamt werden nach Angaben des Islamarchivs zurzeit rund 159 Moscheen genutzt. Dazu kommen noch rund 2600 Gebetshäuser. 184 Moscheen sind zurzeit im Bau oder Planung.
(dpa)
Für mehr Integration: Innenminister Schäuble
"Gelingende Integration heißt, dass die Menschen, die hier zu uns kommen, sich hier heimisch fühlen. Und wenn Muslime heimisch sein wollen, dann müssen sie hier auch Moscheen haben. Das ist für mich mehr Ausdruck gelingender Integration", sagt Innenminister Wolfgang Schäuble.
Sichtbarwerdung der Moscheen
Integration oder Machtanspruch? Der Reichstag als islamisches Gebäude. Die uralte Angst der Christen vor der Vorherrschaft des Islam ist auch Thema moderner Kunst. Die Freiheitsstatur trägt eine Burka. Die Wahrzeichen des Islam für viele doch eine Bedrohung.
"Wenn die Menschen vor Ort sich überfahren fühlen, zu sehr dominiert fühlen, dann sinkt vielleicht auch der Wunsch hier integrativ tätig zu sein", gibt die CSU-Politikerin Christine Haderthauer zu bedenken. Der Sprecher des Koordinationsrates der Muslime in Deutschland, Bekir Alboga, meint: "Sichtbarwerdung der Moscheen und Offenheit der Moscheen ist ohne Zweifel ein Signal dafür, dass die Integration die Moscheegemeinden erreicht hat, beziehungsweise die Moscheegemeinden Integrationsbeiträge leisten."
Deutschland verändert sich
Bischof Wolfgang Huber, Vorsitzender der evangelischen Kirche in Deutschland betrachtet das Thema differenzierter: "Niemand soll absprechen, dass es um Glauben geht, aber wenn eine sehr große Moschee gebaut wird, für eine Gemeinschaft mit wenigen Mitgliedern, die dann unter Umständen gar nicht in dem Stadtbereich wohnen, in dem gebaut werden soll. Dann muss man die Frage stellen, geht es um Machtanspruch, geht es um Teilhabe am öffentlichen Raum."
Moscheen als positives Signal: Bekir Alboga
Christliches Abendland oder immer mehr multikulturelle Großstädte. Deutschland verändert sich. Das Kreuz und der Koran, beides Symbole des Glaubens. Nicht jeder will das wahr haben. "Ich fühle mich durch eine Moschee nicht bedroht. Und als Christ sage ich im Übrigen: Volle Moscheen machen mir keine Sorgen, eher leere Kirchen", meint Wolfgang Schäuble.
Eine neue Zeit
Zurück zum Andachtsraum im Reichstag. Zu den christlichen Gottesdiensten kommen oft gerade mal zwölf Abgeordnete. Dies war früher anders. Da glich die Andacht fast einer Vollversammlung der Parlamentarier. Auch das hat sich geändert.
n-tv.de, 04.11.2007
EKD-Synode in Dresden
Absage an den Islam
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat der Forderung von Islamvertretern nach einer Einbeziehung in den christlich-jüdischen Dialog eine Absage erteilt. Das jüdisch-christliche Verhältnis werde von der EKD als einzigartig betrachtet, erklärte der EKD-Ratsvorsitzende und Berliner Bischof Wolfgang Huber zum Auftakt der EKD-Synode in Dresden. "Diese Einsichten einer christlichen Theologie nach Auschwitz dürfen auch angesichts neuer Herausforderungen im Gespräch mit dem Islam nach meiner festen Überzeugung nicht zur Disposition gestellt werden", erklärte Huber in seinem Ratsbericht. Vielmehr müsse das gewonnene Verhältnis zwischen Christen und Juden in seiner Einzigartigkeit bewahrt und weiterentwickelt werden.
Diskussion über den Bau neuer Moscheen
Huber betonte, dass die evangelische Kirche die freie Religionsausübung von Muslimen in Deutschland bejahe. "Dabei schließt das Ja zum Bau von Moscheen die kritische Auseinandersetzung über den Ort und die Größe, die Gestaltung und die Anzahl nicht aus." Huber warnte davor, kritische Äußerungen in diesem Zusammenhang mit antiislamischen oder rechtsextremen Einstellungen in Verbindung zu bringen. Das Verhältnis zwischen der EKD und dem Islam ist seit einiger Zeit belastet: Bereits 2006 hatte die EKD ein Positionspapier zum Zusammenleben mit Muslimen in Deutschland veröffentlicht, das bei muslimischen Gemeinden für Verstimmung sorgte. Für seine Meinung zum Moscheebau war Huber vor kurzem außerdem vom Zentralrat der Muslime gerügt worden.
Helle Blitze Richtung Rom
In der Ökumene warf der EKD-Ratsvorsitzende dem Vatikan mangelnden Respekt vor dem Protestantismus vor. Zwar hänge das Selbstverständnis evangelischer Kirchen nicht von einer Anerkennung Roms ab, doch sei wechselseitiger Respekt für ökumenische Fortschritte unerlässlich. Huber bezog sich auf die heftig kritisierte Erklärung des Vatikans vom Sommer, in der die Katholiken der evangelischen Kirche erneut absprechen, "Kirche im eigentlichen Sinn" zu sein. Der Bischof rief zu einem gemeinsamen Auftreten der beiden großen Kirchen zu gesellschaftlichen und politischen Fragen auf. Wenn beide Kirchen mit einer Stimme sprächen, könnten sie ihren Anliegen eher Gewicht verschaffen, als wenn sie getrennt agierten.
Bei der Suche nach Gott helfen
Im Eröffnungsgottesdienst der Synode rief Sachsens Landesbischof Jochen Bohl die Kirchenvertreter dazu auf, den Menschen bei ihrer Suche nach Gott zu helfen, statt bloß über die Kirchenstrukturen zu debattieren. Der Gedanke an Gott gewinne eine neue Anziehungskraft in der Gesellschaft, sagte Bohl in der Kreuzkirche. An der Synode in Dresden nehmen Vertreter der 23 Landeskirchen teil. Weitere Themen des Kirchenparlaments sind die Strukturreform der Kirche und die Beratung des EKD-Haushaltsplans. Die Synodentagung dauert bis Mittwoch.
EKD-Chef Wolfgang Huber fordert vom Islam mehr Ehrlichkeit im Dialog
Dresden. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, hat vom Islam mehr Ehrlichkeit im Dialog mit den Kirchen eingefordert. Die Diskussion werde leichter, wenn die Islamvertreter auf kritische Fragen eingingen statt ihnen ausweichen, sagte Huber am Sonntag zum Auftakt der EKD-Synode in Dresden. Er unterstrich das Recht der Muslime in Deutschland zum Bau von Moscheen und zur freien Religionsausübung. „Dabei schließt das Ja zum Bau von Moscheen die kritische Auseinandersetzung über den Ort und die Größe, die Gestaltung und die Anzahl nicht aus.“ Huber forderte, dass in Deutschland zum Christentum wechselnde Muslime genauso wenig bedrängt würden, wie Christen, die zum Islam überträten.
Die Religionsfreiheit sei ein universales Menschenrecht, betonte Huber in seinem Ratsbericht vor der Synode. „Wir machen unser Ja zur freien Religionsausübung von Muslimen nicht von der Frage abhängig, ob islamisch dominierte Länder den dort lebenden Christen Religionsfreiheit gewähren und auch den Übertritt zum Christentum als Ausdruck der Religionsfreiheit achten.“ Allerdings fände die EKD sich nicht damit ab, dass es insbesondere Christen seien, die in der heutigen Welt unter Einschränkungen und Verletzungen der Religionsfreiheit zu leiden hätten.
Das Verhältnis zwischen der EKD und dem Islam ist seit einiger Zeit belastet: Im vergangenen Jahr hatte die EKD ein Positionspapier zum Zusammenleben mit Muslimen in Deutschland veröffentlicht, das bei muslimischen Gemeinden für Verstimmung sorgte. Für seine Meinung zum Moscheebau war Huber vor kurzem außerdem vom Zentralrat der Muslime gerügt worden. Auf der Synode in Dresden wies Huber die Forderung des Koordinierungsrats der Muslime in Deutschland zurück, den Dialog mit dem Islam auf dieselbe Ebene wie das christlich-jüdische Verhältnis zu heben. Dieses Verhältnis werde von der EKD als einzigartig betrachtet. Es solle von der Diskussion mit dem Islam nicht beeinträchtigt werden.
In der Ökumene warf der EKD-Ratsvorsitzende dem Vatikan mangelnden Respekt vor dem Protestantismus vor. Zwar hänge das Selbstverständnis evangelischer Kirchen nicht von einer Anerkennung Roms ab, doch sei wechselseitiger Respekt für ökumenische Fortschritte unerlässlich. Huber bezog sich auf die heftig kritisierte Erklärung des Vatikans vom Sommer, in der die Katholiken der evangelischen Kirche erneut absprechen, „Kirche im eigentlichen Sinn“ zu sein. Der Bischof rief zu einem gemeinsamen Auftreten der beiden großen Kirchen zu gesellschaftlichen und politischen Fragen auf. Wenn beide Kirchen mit einer Stimme sprächen, könnten sie ihren Anlieger eher Gewicht verschaffen, als wenn sie getrennt agierten.
Als „skandalös“ bezeichnete Huber die Kinderarmut in Deutschland, die sich mit dem wirtschaftlichen Aufschwung nicht verringert habe. Vielmehr habe sich die registrierte Zahl armer Kinder seit der Einführung des Arbeitslosengelds II im Jahr 2004 verdoppelt. Der Ratsvorsitzende forderte, den Kinderanteil für Hartz-IV-Empfänger von derzeit 208 Euro pro Kind „ganz erheblich“ zu erhöhen. „An der Schnittstelle von Familien-, Sozial- und Bildungspolitik bedarf es eines radikalen Wandels, der dazu führt, dass Kinder nach ihren Fähigkeiten gefördert werden“, sagte Huber.
Im Eröffnungsgottesdienst der Synode rief Sachsens Landesbischof Jochen Bohl die Kirchenvertreter dazu auf, den Menschen bei bei ihrer Suche nach Gott zu helfen, statt bloß über die Kirchenstrukturen zu debattieren. Der Gedanke an Gott gewinne eine neue Anziehungskraft in der Gesellschaft, sagte Bohl in der Kreuzkirche. An der Synode in Dresden nehmen Vertreter der 23 Landeskirchen teil. Weitere Themen des Kirchenparlaments sind die Strukturreform der Kirche und die Beratung des EKD-Haushaltsplans. Die Synodentagung dauert bis Mittwoch. dpa